Mittwoch, 1. Juli 2009

Von Oberknallchargen und vergebener Liebesmüh'

Wo es die Möglichkeit gibt, im Internet Leserkommentare zu platzieren, zum Beispiel bei den Internetseiten von Zeitungen, sind sie wohl unvermeidlich: Oberknallchargen und Profilneurotiker, die zu jedem Thema ihre meinungsschwachen Ansichten kundtun müssen. Bei 'NZZ online' gibt es ein Leser, der jeweils in aussenpolitischen Fragen seine Meinung einbringt, die sich einerseits chronisch verschwörungstheoretischer, anti-amerikanischer, anti-israelischer und anti-westlicher Reflexe bedient und die andererseits Regimes - seien es islamische oder lateinamerikanische - stets sehr verständnisvoll verteidigt.

Der Name dieses Kommentators ist Peter Liebold. An dieser Stelle sei eine - allerdings nur kurze - Zusammenstellung seiner besten Kommentare der letzten Zeit aufgeführt:

Zur 'Kritik' Achmachmirdendschihads an den Westen schreibt Liebold:

"Wer sich umfassend über die jüngsten Vorgänge im Iran informiert hat, der musste zwangsläufig zu dem Ergebnis gelangen, dass es im Iran tatsächlich keine Wahlfälschung gegeben hat. Nach Recherchen des weltbekannten freien Journalisten Seymour Hersh, hatten die USA bereits vor Jahren mit einer systematischen Destabilisierung des Iran begonnen. Der US-Kongress hatte dafür 400 Millionen Dollar bewilligt. Dass diese Destabilisierungsversuche scheiterten, ist nun klar ersichtlich. Die Führung des Iran geht gestärkt aus diesem Machtkampf mit den USA hervor. Ahmedinejad kritisiert die Dominanz der Supermacht USA aus dem Grunde, weil diese permanent Machtmissbrauch betreibt - nicht nur bezüglich des Iran."

Zu den iranischen 'Wahlen' schreibt er:

"Dass der Wächterrat in eine Nachzählung einwilligte ist positiv zu bewerten. Als zum Beispiel seinerzeit bei den Wahlen in den USA (Kerry gegen Bush) der Vorwurf von Wahlbetrug auch aufgrund von manipulierten Wahlcomputern immer lauter wurde, gab es Seitens der US-Regierung keine Reaktionen auf derartige Proteste. Der damalige Sprecher des Weissen Hauses Andi Card hatte Georg W. Bush zum Sieger der Wahl erklärt, obwohl drei der Bundesstaaten noch gar nicht ausgezählt waren (und das war nur eines von vielen Indizien, die für massiven Wahlbetrug sprachen)!"

Ein paar Stunden später beim selben Beitrag heisst es aus seiner Feder:

"Alle Thesen über Wahlbetrug stützten sich bislang auf mehr oder weniger weit her geholte Thesen oder Indizien. Beweise fehlen - und zwar komplett. Man muss kein "Freund der Mullahs" und auch kein "Freund von Ahmedinejad" sein um zu konstatieren, dass im Iran in diesen Tagen ein geostrategisches Konzept der Amerikaner auf ganzer Linie gescheitert ist. Die "Hürde Ahmedinejad" konnte trotz allergrösster "Anstrengungen" nicht genommen werden."

Zur zurückhaltenden Kritik Obamas am Gebahren der Mullahs im Iran:

"Obama verurteilt Gewalt nicht nur im Iran
"...Aber die USA verurteilten «Gewalt gegen unschuldige Zivilisten», egal wo sie sich in der Welt ereigneten..."
Es tut sich die Frage auf, ob dies auch auf Ghaza, den Irak, Georgien, Afghanistan, Guantanamo usw. zutrifft. Ausgeklammert hat er diese Schauplätze jedenfalls nicht."

Im selben Beitrag nur ein wenig später:

"Worte und Taten
Herr X, was zählt, sind die Taten. Vergleichen Sie mal die Wahlversprechen des Herrn Obama mit dessen nachfolgenden Taten. Guantanamo wollte er schnell schliessen und er wollte den Krieg beenden. Was sehen wir? Forcierung des Krieges in Afghanistan und Ausweitung desselben auf Pakistan. Guantanamo existiert nach wie vor. Breite Teile der Weltbevölkerung fordern zudem eine neue Untersuchung der Vorfälle von 9/11. Obama schweigt dazu während er sich massiv in die inneren Angelegenheiten des Iran einmischt."

Zum selben Beitrag schreibt er noch einmal:

"Al Jazeera vermeldet heute, dass in Pakistan bei einem Angriff US-amerikanischer Drohnen auf eine Trauerfeier wieder zahlreiche Zivilisten getötet wurden. Wird Obama diese Morde an pakistanischen Zivilisten auch verurteilen?"

Wer gedacht hat, dass es besser nicht mehr geht - im selben Beitrag, versteht sich - der irrt sich:

"Neda Agha Soltan
Obama nimmt im Artikel Bezug auf den tragischen Tod dieses jungen Mädchens. Auch John McCain gedachte ihr im amerikanischen Senat, genau der Senat welcher der CIA den Auftrag gab die demokratisch gewählte iranische Regierung 1951 zu stürzen. "Sie ist wie die Johanna von Orléans", sagte McCain. "Heute gedenkt ganz Amerika dieser mutigen jungen Frau, die nur ihre fundamentalen Menschenrechte ausüben wollte und auf den Strassen Teherans gestorben ist." Ausgerechnet McCain, der letzte Jahr noch während des Wahlkampfs den Satz von sich gab: "Bomb Iran ... bomb, bomb, bomb!" - Wieviele Nedas wären wohl gestorben, wenn McCains Wünsche wahr gemacht worden wären? Welche Heuchelei in den Medien."

Ein bisschen später tönt es im selben Beitrag folgendermassen:

"Während Obama den Ton gegenüber dem Iran verschärft, scheint es, dass der Wind der ihm dabei ins Gesicht bläst, sich ebenfalls verschärft. Die Kommentare hier lassen es zumindest vermuten. Die USA sollten sich da komplett raushalten. Die Iraner müssen ihre Verhältnisse selber regeln - und sie schaffen das auch ohne die selbsternannten "Helfer" aus dem Ausland, die eh nur ihre eigenen Interessen im Iran verfolgen. Das Schlimmste was dem Iran passieren kann, ist eine ihnen von aussen aufgepfropfte Marionettenregierung."

Weiter geht's:

"Al Jazeera ist ein Sender - der im Gegensatz zu vielen anderen Medien - bezüglich des arabischen Raumes seine Reporter immer direkt vor Ort hat - auch in Pakistan, dem Irak und in Afghanistan. Sie waren es auch, die freiwillig und unter Einsatz des eigenen Lebens aus Ghaza berichteten, als Israel dort jüngst ein Massaker veranstaltete und sie waren es, die die Welt darüber aus erster Hand informierten. Wer sich von der Glaubwürdigkeit oder Nichtglaubwürdigkeit von Al Jazeera überzeugen möchte, der kann das heut ganz leicht selbst tun, indem er ganz einfach im Internet deren Seiten anschaut. Das sollte man auch tun, um sich eine unabhängige Meinung zu bilden."

Das Beste kommt - wie es sich ziemt - zum Schluss:

"Die Befreiung Europas
Es ist schon sehr vermessen, wenn heute die USA den alleinigen Anspruch darauf erheben, Europa vom Faschismus befreit zu haben. Lernt man denn heute in den Schulen nicht mehr, dass seit der Schlacht von Stalingrad das Ende der Nazis besiegelt war und dass die damalige Sowjetunion die Hauptlasten des Kampfes gegen Hitler zu tragen hatte (Man vergleiche die Opferzahlen der Russen mit jenen der Amerikaner)? Zudem gab es in Europa einen zunehmenden Widerstand - überall dort, wo die Nazis Gebiete besetzt hielten (Frankreich, Italien, Polen usw.). Als die USA in den Krieg eingriffen, waren die Würfel längst gefallen. Die USA hatten einen Anteil an der Niederschlagung des Faschismus in Europa - der war aber nicht so gewaltig, wie das heute von ihnen versucht wird zu vermitteln. Überdies taten sie es zu ihrem Vorteil - nicht aus purer Liebe zu den Europäern."

Zur Forderung Ban Ki Moons nach einem Ende der Gewalt im Iran, heisst es aus berufenem Munde:

"Die UNO handelt besonnen und stimmt nicht in den Hysterie-Chor ein
Scheinbar hat die Organisation aus der Zeit vor dem Golfkrieg gelernt, wo versucht wurde, mit massiven Lügen über Massenvernichtungswaffen im Irak und mit der inszenierten Brutkasten - Lüge die Bevölkerungen in den USA und in Europa sowie die UNO und die NATO für einen Krieg gegen den Irak zu gewinnen. Wieder erleben wir eine Zeit, wo Gerüchte und nicht bewiesene Sachverhalte publiziert werden. So ist in den Medien weder der Beweis erbracht worden, dass Neda von iranischem Militär umgebracht, noch dass Wahlfälschung im Iran stattgefunden hat. "Wehret den Anfängen", haben nach dem 2. Weltkrieg die Alten gesagt."

Zu einem anderen Beitrag, der den Iran betrifft, meldet er sich selbstverständlich auch zu Wort:

"Bitte wenden Sie sich an Seymour Hersh, falls Sie mit meinem Kommentar bezüglich Einmischung durch die USA / CIA nicht einverstanden sind. Ich sehe die Dinge ohne mich von der Hysterie der Medien infizieren zu lassen und gebe lediglich das wieder, was ich aus diversen - höchst glaubwürdigen - Quellen erfahren habe. Die Glaubwürdigkeit einer Quelle bemesse ich an deren Zuverlässigkeit aus den vergangenen Jahrzehnten. Und in der Hinsicht haben freie Journalisten wie Seymour Hersh oder Peter Scholl-Latour wohl gegenüber den etablierten (zumeist sehr US-lastigen Medien) doch wohl eindeutig die besseren Referenzen."

Köstlich auch folgender Wortbeitrag:

"Persönliche Prüfung der «Vorwürfe» / Desinformation
Natürlich können wir die Informationen nicht auf Wahrheitsgehalt überprüfen. Da stehen hochbrisante Fragen im Raum: Wer hat auf Demonstranten geschossen? Hat Wahlfälschung stattgefunden? Wie sind zur Stunde die Machtverhältnisse in Teheran? Sind die Mächtigen dort tatsächlich zerstritten? usw. Die hiesigen Medien können solcheFragen zwar nicht beantworten, SUGGERIEREN jedoch ganz klar entsprechende Antworten zuungunsten des iranischen Staates. Und genau das ist es, was ich als verdächtig empfinde. Die mit den amerikanischen Medien gleichgeschaltete Hysterie, die mit sachlichem Journalismus nichts zu tun hat, kann jeder überprüfen - sie ist vorhanden! Es gibt westliche Radiostationen, die heizen die Stimmung im Iran an - in Farsi! Das ist eine für jeden Internetnutzer nachvollziehbare Einmischung in die Angelegenheiten des Iran. Bei solchen Kampagnen stirbt die Wahrheit zuerst - wie in jedem Krieg."

Zum Abzug der US-Truppen aus den irakischen Städten meint unser Experte Peter Liebold:

"Es ist schon grotesk, wie die Entwicklung im Irak von den Medien zu einer "amerikanischen Erfolgsstory" verklärt wird. Nachrichten über den Abzug der US-Streitkräfte suggerieren den Lesern, dass mit dem Schwinden der Truppen dort auch der US-Einfluss verschwinden würde. Solche Betrachtungsweise ist jedoch absolut irreführend und fällt bestenfalls bei naiven Zeitgenossen auf fruchtbaren Boden.
Eine von den USA im Irak handverlesene Regierung wird vor den nationalen Interessen des Irak immer erst US-Interessen durchsetzen."

Zum Sturz in Honduras meint er bedeutungsschwanger:

"Wer die Medienkampagne der vergangenen Tage bezüglich des Iran verflogte, der wird sich bei dem Artikel verwundert die Augen reiben. In Honduras wurde ein demokratisch gewählter Präsident durch einen Putsch gestürzt. Der Artikel berichtet darüber farb- und emotionslos. Auch die Tatsache, dass die Putschisten Gewalt gegenüber Demonstranten, die ihren Präsidenten verteidigten, anwendeten, scheint für den Verfasser dieses Artikels eine ganz normale Sache. Wo bleiben die flammenden Proteste, wo die emotionsgeladenen Berichte und medialen Verurteilungen dieses Aktes einer schreienden Ungerechtigkeit - ähnlich wie das in den Artikeln bezüglich des Iran gehandhabt worden war? Zweierlei Mass?"

Und in diesem Masse geht es ständig weiter - wie ein Perpetuum Mobile. Ihm zu widersprechen wäre vergebene Liebesmühe. Jemand schreibt denn auch:

"@Liebold
Nun nehme ich mir die "Freiheit" mehrere Male zu schreiben, so wie Mr.Liebold. Vielleicht sollten alle hier einmal bedenken dass zwischen uns und dem Iran die Kulturen so weit auseinandergehen wie es nur moeglich ist. Die dummen "Loesungen" und Forderungen hier sind aergerlich. Was beeindruckender ist; von jenen zu hoeren die sachlich bleiben koennen,anstelle staendig dumme und nutzlose Vergleiche ziehen zu wollen. Schade dass inzwischen viele Leser die frueher beitrugen sich nicht mehr melden, weil es ihnen zu dumm geworden ist die ewigen Mantras derselben paar Schreiber zu lesen die weder Hand noch Fuss haben, sich jedoch sofort wehren wenn jemand es wagt zu sagen sie sollen einmal ruhig sein. Ich kann mich sicher auf die uebliche von oben herab toenende Antwort von Mr.Liebold gefasst machen, unserem "Superexperten" in allem was mit den boesen USA zu tun hat."

Keine Kommentare: