Mittwoch, 26. November 2008

Wenn eine prononciert (bauch)linke Zeitung versucht, satirisch zu sein ...

... dann ist es meist bloss semi-lustig.

Realsatire gibt es ferner hier . Der Autor schreibt in seiner 'Analyse' folgendes denkwürdiges Axiom nieder: "Die Linke hat die Kompetenz der Analyse". Eine solche Behauptung trifft in vielen Fällen nun zwar durchaus zu - nicht jedoch in diesem faden unwissenschaftlichen bauchlinken Palaver, das ausgerechnet auf Oskar Lafontaine Bezug nimmt.

Im (doch recht angenehmen) Kontrast dazu und quasi als Beweis für die Behauptung, dass die "Linke die Kompetenz der Analyse" hat, bewegt sich der Artikel von Robert Kurz, dem Mitbegründer der Wertkritik, Postmarxist und Kritiker der Redaktion Bahamas und der Antideutschen (Wikipedia meint: "In der Vergangenheit profilierte Robert Kurz sich durch eine radikale Kritik am "Arbeits- und Klassenkampffetisch" des traditionellen (Arbeiterbewegungs-)Marxismus. Die von ihm maßgeblich mitkonzipierte Wertkritik richtet sich gegen ein soziologistisch verkürztes Verständnis von Herrschaftsverhältnissen und identifiziert in der Wertvergesellschaftung eine totalitäre Tautologie der Akkumulation von „toter Arbeit“, die ad infinitum die gesamte physische wie auch gesellschaftlich-symbolische Welt einem einzigen abstrakten Formprinzip unterwerfe. Der Begriff des Fetischismus postuliert eine kritische Analyse der totalitären Vergesellschaftungsprinzipien der Moderne." Zum Verhältnis von Kurz mit den Antideutschen weiss Wikipedia Folgendes zu berichten: "In dem Buch Die antideutsche Ideologie setzte Robert Kurz sich bewusst polemisch mit dem seines Erachtens "ideologiekritischen Reduktionismus" der Berliner Zeitschrift Bahamas auseinander. Im Zuge der innerlinken Kontroverse über den Irakkrieg hatte sich die Bahamas für die US-Intervention ausgesprochen. Kurz warf den so genannten "Antideutschen" daraufhin eine militante Affirmation der Aufklärungsideale, der "westlichen Werte" und Bellizismus vor." In seiner Einschätzung der Antideutschen stimme ich Robert Kurz, wenn überhaupt, nur bedingt zu).

M.E. ist folgende Passage zentral: "Die neoliberale Epoche der Finanzblasenökonomie war keine «Verirrung», die durch ein bisschen mehr Regulierung und Bankermoral rückgängig gemacht werden kann, sondern selber eine notwendige Folge mangelnder realer Verwertungsbedingungen, deren Erneuerung nirgends in Sicht ist." Ausgehend von dieser Analyse finde ich die Synthese absolut richtig: "Da helfen kein Antiamerikanismus und keine subjektive Schuldzuweisung. Diese Ideologieproduktion zeigt nur, dass die objektiven Grenzen der herrschenden Lebensweise verdrängt werden." Alles in allem ein für einmal doch lesenswerter Artikel in der 'Wochenzeitung'.

Im Zusammenhang mit dem Verzicht Marcel Ospels auf ausstehende Boni - dies ist ja der Anlass für das 'satirische' Interview der WOZ mit dem ehemaligen VR-Präsidenten der UBS - noch meine, äh, Analyse:

Im Echo der nachhallenden Empörungsbekundungen der Kommentierenden selbst in Bezug auf eine nun erfüllte zentrale Forderung der (UBS-)Manager-Kritiker - der Rückgabe oder der Verzicht auf Boni - ist herauszuhören, dass populistischer Argwohn und "Ideologieproduktion" (Zitat von Robert Kurz) nach wie vor einen attraktiven Resonanzboden vorfinden. Die Volkseele lechzt nach noch mehr Genugtuung und vor allem nach mehr Demut und Schuldeingeständnissen der wirtschaftlichen Elite. Dass der Verzicht von Ospel und Co. die Büchse der Pandora nun erst recht für fetischisierte Kapitalismuskritik, die an der Zirkulationssphäre sowie an den Charaktermasken des Kapitals ansetzt, geöffnet hat, ist so wenig überraschend, wie es wohl auch nicht zu vermeiden ist.

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