Samstag, 1. November 2008

Obama als Chance? McCain als Konstante?

Am 4. November wird also in den USA ein neuer Präsident gewählt. Den Umfragen gemäss müsste der nächste Präsident Obama heissen. Die Meinungsforschung kann sich jedoch auch irren, so dass möglicherweise ein knapperer Ausgang der Wahlen resultiert als angenommen.

Obama als Chance?

Würde Obama gewählt, dann wäre dies bemerkenswert aus zwei Gründen:

- Noch selten einmal wurde ein Politiker in den USA mit einem geringeren Leistungsausweis und weniger Erfahrung in das höchste Staatsamt gewählt. So hat er bspw. kaum Spuren hinterlassen im Senat.

- Obama hätte es also dann geschafft, seine konstant am linken Parteiflügel der Demokraten angesiedelte Politik konsensfähig zu machen. Welche realpolitischen Auswirkungen dies hernach hätte, bliebe abzuwarten.

In Bezug auf die Aussenpolitik bin ich den Visionen Obamas kritisch gesinnt. Das Bekenntnis zum Multilateralismus, so löblich es auch sein mag, überzeugt kaum, da Europa, der traditionelle Partner der USA, sich nach wie vor den USA gegenüber als moralisch überlegen betrachtet. Darüber hinaus sind kaum gemeinsame Strategien zwischen den zwei Blöcken erkennbar. Eine gemeinsame Vision fehlt. Der Irak-Krieg zur Befreiung der faschistischen Diktatur Saddam Husseins hat Spuren im transatlantischen Verhältnis hinterlassen. Dafür, dass man zuweilen für die Werte der (europäischen) Aufklärung, also z.B. für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, auch Gewalt anwenden muss, wird Europa, zumindest 'Old Europe', kaum Hand bieten. Oder wie es die linke Wochenzeitung 'Jungle World' in ihrer aktuellen Ausgabe schreibt:

"Bush propagierte zur Rechtfertigung des Irak-Kriegs noch einmal jenen bürgerlichen Idealismus, der die Bourgeoisie einst zu einer revolutionären Kraft gemacht hatte. Die Antwort aus dem linken Mainstream auf seine Demokratisierungsrhetorik war nicht etwa eine Kritik der bür­ger­lichen Demokratie, sondern eine Mischung aus Ignoranz und Kulturalismus." (Quelle: Jungle World)

Dass der "bürgerliche Idealismus" nicht der Weisheit letzter Schluss ist, setze ich bei den vorhin als "Werte der (europäischen) Aufklärung" apostrophierten Konzepte, für die man zuweilen Gewalt anwenden müsse, als bekannt voraus. Doch der "bürgerliche Idealismus" ist zumindest fortschrittlicher und emanzipatorischer als der Umma-Sozialismus der islamischen Fundamentalisten oder der 'Sozialismus des 21. Jahrhunderts' der südamerkanischen Caudillos und ist daher im antagonistischen Widerstreit der politischen Ideen unbedingt zu unterstützen.

McCain als Konstante?

Der republikanische Gegenkandidat, McCain, wäre hingegen vermutlich eine berechenbarere Wahl. In vielen Jahren Senatsarbeit hat McCain seine weitausgreifenden Spuren in der amerikanischen Politik hinterlassen. Auch hat er vielfach bewiesen, dass er zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit fähig ist und dass er innerhalb der vielfach wertekonservativen republikanischen Partei für liberale Ideen empfänglich ist. Er scheute also auch die Konfrontation in der eigenen Partei nicht.

Sein Pech ist, dass Bush von Experten, Medien und den Bürgern zur Zeit als der schlechteste Präsident der USA aller Zeiten eingestuft wird. McCain versucht sich daher von Bush abzugrenzen, was ihm offenbar nur schlecht gelingt. Dabei wird jedoch gefliessentlich übersehen, dass es zumindest nicht auszuschliessen ist, dass die 'Geschichte' Bush rückblickend in einigen Punkten Recht geben könnte, so z.B. mit seinem Ideal des demokratischen Nahen Osten.

Das Bedürfnis nach Wandel, so inhaltsleer die Parole auch sein mag, wird vermutlich obsiegen. Dabei wären gerade die aussenpolitischen Strategien Bushs und vor allem der Neocons, die McCain vermutlich besser weiterführen würde als Obama, ein durchaus zu bewahrendes Erbe.

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